Geschichte des Einhorns - Teil 1

Einst lag ein Wald vor meinen Füßen,
die Sonnenstrahlen mich durchs Blattwerk begrüßten,
wie nebelhaften Fingern gleich,
konturlos, hell, strahlend und weich,

sie zeigten mir den Weg durch dieses Idyll,
um mich herum war alles friedlich und still,
die kleinen Sänger dort oben in den Bäumen,
ihre Melodien brachten mein Herz zum träumen,

es schien als würd' er mich erwarten, so still er da sitzt,
schaute mich an mit großen dunklen Augen, in denen es blitzt,
sie schienen zu rufen: "Komm her, ich erwarte Dich schon lange hier",
"Ich kenne Dich, schau in Dein Herz, drum folge mir...",

Er hoppelte los, den Weg entlang, stets auf mich wartend,
nachdem eine Biegung genommen, schon fast an des Weges End,
da erschien vor meinen Augen, ein Bild wie ich's nie gesehen im Wald,
da sah ich sie, die Wasser die das Geräusch gebracht an meine Ohren,

ein Bach sich seinen Weg gesucht über den grünen Waldesboden,
fällt herab über einen großen Stein, stäubt Tropfen in die klare Luft,
ein Regenbogen schimmernd darüber stand, alles schien voll Blütenduft,
und am Fuße des Steins, glasklar und glitzernd im Sonnenlicht,

umsäumt, gerändert von blühenden Büschen, dicht an dicht,
ein kleiner See sich vor mir erstreckte,
seltsame Gefühle dieser Ort in mir erweckte,
schon oft in diesem Wald ich war gewandelt,

doch heute schien er wie verwandelt,
als ob der Wald den ich so gut kannte ist einfach fort,
und dies hier wäre ein völlig anderer Ort,
nicht der einfache Wald, mit seinen grünen Bäumen,

sondern der, den ich oft gesehen in meinen Träumen,
ich setzte mich nieder am Seenrand,
wachte ich? träumte ich? war ich bei Verstand?,
nicht wissen wollte ich, was wahr und was nicht,

einfach nur sitzen, in diesem Duft, diesem Licht,
meine Seele sich erholen lassen, nicht denken an Morgen,
nur dieses Bild, diese Ruhe spüren, ganz ohne Sorgen,
und kurz drauf, als mein Herz der Schmerzen nicht mehr weint,

eine nie geseh'ne, wunderschöne Gestalt erscheint,
ein stolzes Pferd, erhaben gewachsen, ganz weiß,
auf der Stirne ein Horn, umgeben von einem schimmernden Gleiß,
erschreckt, nie erwartet, das es mir mal begegnet,

ein Einhorn, das mich mit seinem Kommen segnet,
ich schaute im zu, wie es aus dem See durstig trinkt,
die prachtvolle Mähne, lang und glänzend vom Rücken sinkt,
die Hufe den Boden des Waldes fast nicht berührn,

so als schwebe es, würde keine Schwere spürn,
es hebt langsam den Kopf, bläst durch die Nüstern,
und plötzlich schien eine Stimme in mir flüstern,
"komm her zu mir, sei ohne Furcht, komm heran.."

langsam ging ich hinüber zu ihm, berührte es vorsichtig dann,
liess meine Hände gleiten über das weiche warme Fell,
und sah ihm in die dunklen Augen, dort leuchtete es hell,
der Blick des Einhorns mir eine Geschichte erzählte,

dies Zauberwesen damit mein Innerstes erhellte,
eine Geschichte von vergangenen Tagen, längst vergess'nen Zeiten,
als es noch viele gab von seiner Art, in der Welten weiten,
als die Menschen noch nicht waren wie heute,

nicht so gierige, im Herzen kalte Leute,
die nur auf Ihren eigenen Vorteil bedacht,
deren Seele nicht oft vor Freude lacht,
von Freundschaft, von Verständnis erzählt mir die Geschichte,

nicht von Krieg und Hass, Gier oder Neid, Folter und Mord,
nein, von Harmonie und Frieden, von Liebe, von Herzen im Lichte,
und plötzlich trennte sich unser Blick, die Bilder waren fort,
"Nun geh'", hörte ich sanft das Einhorn flüstern in mir,

"Vergiß' nicht was ich Dir gezeigt, bring den Menschen diese Geschichte"
es dreht sich um, sah mich still an und ging fort von hier,
so ist es geschehen, und seit diesem Tag schreib' ich Gedichte,
um den Menschen die sie Lesen, zu bringen ein wenig Erinnerung,
an glückliche Zeiten, an Tage ohne Dämmerung.

©Chris37 - HP

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