Carmina Burana

Armor trahit tenero
molliori nexu,
rigidos et asperos
duro frangit flexu;
capitur rhinoceros
virginis amplexu.
Amoris solamine
virgino cum virgine;
aro non in semine,
pecco sine crimine.
Armor läßt die Schüchternheit
an der Brust erwarmen,
harten Sinnes Sprödigkeit
bricht er ohn Erbarmen;
selbst das Einhorn, mit der Zeit
ruhts in Mädchenarmen.
liebesfreuden, zart und rein,
spende ich dem Mägdelein;
sä ich in den Wind hinein,
mag die Sünde läßlich sein.
  1. Cum Fortuna voluit me vivere beatum,
    forma, bonis moribus fecit bene gratum
    et in altis sedibus sedere laureatum.
  2. Modo flos preteriit mee iuvetutis,
    in se trahit omnia tempus senectutis;
    Inde sum in gratia novissime salutis.
  3. Rhinoceros virginibus se solet exhibere;
    sed cuius est virginitas intemerata vere,
    suo potest gremio hunc sola retinere.
  4. Igitur que iuveni virgo sociatur
    et me senem spreverit, iure defraudatur,
    ut ab hac rhinoceros se capi patiatur. -
  5. In tritura virninum debetur seniori
    pro mercede palea, frumentum iuniori;
    inde senex aream relinquo successori.
  1. Da Fortuna einst beschloß, ich möge glücklich leben,
    hat sie edlen Anstand mir, Wohlgestalt gegeben,
    um mich auf den höchsten Sitz, den Ehrenthron zu heben.
  2. Aber rasch verblühten, ach, meine Jugendtage,
    und des Alters Runzeln ich nun mit Würde trage;
    ob ich heil ins Jenseits komm, das ist jetzt die Frage.
  3. Das Einhorn pflegt der Jungfrau sich gehorsam zu erweisen;
    allein nur wenn die Jungfernschaft als unversehrt zu preisen,
    darf in ihrem Schoß das Tier sie traut verweilen heißen.
  4. Die an einen jungen Mann all ihr Herz gehangen
    und mich Alten von sich weist, dieser ist entgangen,
    daß von ihr das einhorn dann sich nimmermehr läßt fangen.
  5. Auf der Jungferntenne hat der Alte keine Rechte,
    ihm wird nur die Spreu zuteil, das Korn dem jungen Knechte;
    also laß die Tenne ich dem neueren Geschlechte.

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